Mit einer rasenden Geschwindigkeit düsen wir entgegen der Fahrbahnrichtung durch den Verkehr. Um dem Stau auf unserer Spur zu entgehen, fährt unser Taxifahrer, der uns vom Flughafen aus zum Methodist Presbyterian Hostel (MPH) in Ngaliema bringt, nicht einen Umweg, sondern auf die andere Seite des Mittelstreifens. Eigentlich sollte man meinen, uns pocht das Herz bei dem Gedanken, unangeschnallt mit so einem Fahrstil durch Kinshasa zu brausen – aber wir spüren: unser junger Fahrer lenkt uns souverän und fix durch die hupenden Autos; und das ganze mit dem Steuer auf der rechten Seite, obwohl in Kinshasa Rechtsverkehr ist.
Gut asphaltiert und vielspurig ist die Straße hier. Wie viele Spuren genau, lässt sich für uns nicht herausfinden, da keine Fahrbahnmarkierung vorhanden ist, links und rechts überholt wird und Händler*innen zwischen den mal langsamen und mal schnell fahrenden Autos hin und herlaufen.

„Durch den Verkehr schlängeln“ erhält hier eine andere Bedeutung, milimeter genau werden wir an hoch beladenen Transportern vorbei gelenkt. Unser Fahrer weiß genau, wo sein Auto aufhört und das nächste anfängt.

Als Ampeln stehen spacige Roboter mitten auf den Kreuzungen und regeln den Verkehr. Die Roboboter sind „Made in DRC“, also hergestellt in der Demokratischen Republik Kongo. Wie der Verkehr funktioniert, ist uns ein Rätsel, Unfälle haben wir keine gesehen. Am Abend recherchieren wir ein paar Fakten: laut WHO liegt die Zahl der Verkehrstoten in der Demokratischen Republik Kongo bei jährlich über 26.000 Toten. In kaum einem anderen Land der Welt sterben so viele Menschen im Straßenverkehr.

Nach dem wir eine Nacht in Kinshasa geschlafen haben, bewegen wir uns dennoch völlig selbstständig und frei durch die Stadt: zu Fuß und im Taxi. Schlendernd essen wir Eis, Waffeln und Muffins und überqueren sicher eine große Straße nach der nächsten.

Kinshasa ist die drittgrößte Stadt Afrikas, mit 11,8 Millionen Einwohn*innen. Und sie wächst und wächst. In Europa kennen wir Metropolen nur mit sehr gut ausgebautem öffentlichen Nahverkehr, meist U-und/ oder S-Bahnen und Bussen. In Kinshasa bilden Kleinbusse und Taxis den öffentlichen Nahverkehr.

Seit 1970 hat sich die Einwohner*innenzahl verzehnfacht. Sie steigt kontinuierlich weiter. Aber wir sehen auch noch eine Gemeinsamkeit: Kinshasa wird sich in Zukunft genauso wie alle Städte und Metropolen im Globalen Norden und im Globalen Süden verstärkt mit einer zu hohen Feinstaubbelastung auseinandersetzen, oder tut es bereits. Wir wird die Zukunft unsere Städte aussehen, wenn die fossilen Brennstoffe zu Ende gehen? Welche wirksamen Konzepte gegen Landflucht werden entwickelt? Und wie sieht eine lebenswerte Zukunft vom Leben in den Megametropolen aus?