Made in India – Made in China – Made in Sri Lanka. Die Namen der Länder in den Etiketten unserer Textilien sind austauschbar, die Fabriken im globalen Süden sind es ebenso. Im Herzen unserer Partnerkirche liegen einige von ihnen. Seit im Jahr 1978 die ersten Free Trade Zonen eröffnet wurden, ist das asiatische Land ein bei westlichen Investor*innen bevorzugter Standort für die Produktion von Fast Fashion geworden. Die Arbeiter*innen in den Textilfabriken in Sri Lanka stehen damit auf der einen Seite eines langen Produktions- und Exportprozesses, an dessen anderem Ende wir als Konsument*innen stehen. Sie arbeiten in sogenannten Freihandelszonen, die so eng mit uns Dortmunder*innen verknüpft sind, wie vielleicht kaum ein anderer Wirtschaftszweig. Diese Zonen wurden und werden eingerichtet, um in- und ausländischen Investor*innen massivste Steuervergünstigungen, billigste Löhne, marginalisierte Räume für gewerkschaftliches Engagement und größtmögliche Gewinnausschüttungen zu ermöglichen.

Beinahe wöchentlich kommt neue Mode in die Dortmunder Kleidungsgeschäfte zwischen Thier-Galerie und Westenhellweg – Shoppen bei H&M und P&C, bei ZARA und mango, bei KIK und Primark. „Fast Fashion“ meint nicht nur die Geschwindigkeit, mit der die neue Kleidung in den Kleidungsgeschäften ankommt, sondern auch die kurze Lebensdauer der Kleidung.
Wir diskutieren und hinterfragen unser eigenes Konsumverhalten:
Wie oft haben wir Kleidung gekauft, nur weil sie günstig war? Die wir nicht brauchten aber kaufen konnten und kaufen wollten? Und wie viele Kleidungsstücke haben wir in unseren Schränken, die wir dann doch nie tragen?

Wir hatten die Chance, in Sri Lanka in einer der Free Trade Zonen zu Gast zu sein und ein Boardinghaus zu besuchen, in dem Näher*innen der umliegenden Fabriken leben. Die Zustände sind verstörend: Jeweils zwei Arbeiter*innen teilen sich ein kleines Bett in einem dunklen, fensterlosen Zimmer von 5m². Es gibt eine Kochplatte. Sanitäre Anlagen gibt es viel zu wenig. Wir begleiten eine kirchliche Organisation, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Arbeiter*innen einsetzen, die selbst keine Stimme im öffentlichen Diskurs haben. Wir kommen miteinander ins Gespräch. Wir laden ein, uns Fragen zu stellen – und werden mit Fragen konfrontiert, die uns alle überraschen. Fragen, die wir nicht erwartet haben. Die Näher*innen wollen von uns wissen, wie Fabriken in Dortmund aussehen. Und wir merken, wie wenig wir über Produktionsbedingungen in Deutschland selbst wissen. Die Näher*innen erkundigen sich bei uns, ob es in Dortmund noch Fair Fashion bzw. Fair Trade Geschäfte gibt – oder ob diese mittlerweile wieder abgeschafft wurden, da zu wenig Kund*innen sich für Clean Clothes interessieren. Die Näher*innen bitten uns, dass wir dafür sorgen, dass sie mehr Freizeit und weniger Arbeitsstunden als die derzeitigen 11 Stunden pro Tag haben. Warum? Weil sie dann mehr Zeit haben, um sich einen weiteren Job zu suchen. Wir sind sprachlos – und beschämt.