Von Pfarrer Bernd Hühmer

Wenn in den Gottesdiensten unserer Partnerkirche Bolenge im Kongo gesammelt wird, dann geht kein Klingelbeutel durch die Reihen, und es steht auch niemand mit einem Körbchen am Ausgang.  

Nein, die Kollekte ist ein wichtiger Bestandteil mitten im Gottesdienst: Die Besucherinnen und Besucher kommen singend und tanzend nach vorne und legen ihre Gaben, oft Pfennigbeträge, in verschiedene Kisten oder Körbe.  

Jeder dieser Körbe steht für einen anderen Spendenzweck: In einem wird gesammelt für die Chöre der Gemeinde, in dem nächsten für die Jugend- oder Frauenarbeit. Es gibt einen Korb für die Bezahlung des Pastors und einen für das neue Kirchendach. Manchmal werden bei einer Gottesdienstkollekte 8-10 Körbe hochgehalten, und die Menschen entscheiden selbst, was sie für besonders wichtig halten und mit wie viel Geld sie etwas  unterstützen möchten. Es gibt keine Kirchensteuern im Kongo, und die Gemeinden finanzieren ihre Arbeit und ihre Pfarrer zum größten Teil über diese Gottesdienstkollekte. 

Nun ist im Frühjahr etwas passiert, was ich in den 20 Jahren meiner Partnerschaftskontakte nach Bolenge noch nicht erlebt habe: An einem Sonntag im April tauchte in allen Gottesdiensten des Kirchenkreises Bolenge ein weiterer Kollektenkorb auf, auf dem stand „Corona in Dortmund“. Und nicht viel später erhielten wir von unseren Partnern die Nachricht, dass in ihren Gottesdiensten 155.- Dollar für die Coronaopfer und ihre Familien hier in Dortmund gesammelt worden sind.  

Dass wir Geld für Projekte in Bolenge und für das Ambulanzboot spenden, war und ist selbstverständlich. Es ist schließlich Gottes Gebot, dass der, der hat, abgibt von dem, was er hat, an die, die es bitternötig haben. Aber dass die, die nichts haben, abgeben an die, die im Überfluss leben, das steht nirgendwo geschrieben. 

Darum war für mich diese Kollekte im Urwald ein starkes Zeichen: Einerseits war ich gerührt und auch ein bisschen beschämt, denn das Geld, das in Bolenge für uns gesammelt wurde, fehlt dort an anderer Stelle. Andererseits aber dachte ich: Das ist echte Partnerschaft! Partnerschaft, in der sich der eine für den anderen wirklich interessiert, in der man miteinander lebt und füreinander betet, in der man einander beisteht und sich gegenseitig hilft in der Not.  

Unsere Partner hatten im Winter gehört und gesehen, wie hoch die Inzidenzzahlen in Deutschland waren und wie viele Menschen auf den Intensivstationen gestorben sind. Sie wollten helfen – trotz der ungerechten weltweiten Verteilung der Impfstoffe, von denen der Kongo bis heute kaum etwas gesehen hat. Aber egal: Hier ging es um etwas ganz anderes, ein Signal der Nähe und der Solidarität von Afrika nach Europa, von Bolenge nach Dortmund! 

Wir haben die 155.- Dollar mittlerweile weitergeleitet an die Wohnungslosenhilfe der Diakonie in Dortmund. Das Geld kommt nun Menschen zu Gute, die besonders betroffen sind von der Pandemie und die angewiesen sind auf eine Mahlzeit, auf soziale Kontakte und auf wärmenden Schutz. Ich denke, dass diese Verwendung der Kollekte aus dem Urwald im Sinne unserer Partner ist.