Sonntag morgen, 9 Uhr in Okahandja Park, einer Township-Siedlung in Katatura, dem größten Stadtteil Windhoeks. Okahandja Park ist geprägt von Wellblech-Häusern, die sich mehrere Hügel hinauf strecken. Hoch oben auf einem der Hügel thront die Paulus-Kirche. Die große Kirche ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Was auffällt ist die deutliche Überpräsenz von Mädchen und Frauen. Fast 80% aller Gottesdienstbesucher*innen, so scheint uns, sind weiblich. Die Wand hinter dem Altar, auf dem ein großes Holzkreuz hängt, ist in leuchtendem, intensivem pink gestrichen. Die Pfarrerin und die „Director of Ceremony“, die professionell durch das Programm des Gottesdienstes führt, unterstützen den Eindruck: die Kirche ist -an diesem Sonntag- weiblich.

3,5 Stunden lang feiern wir gemeinsam Gottesdienst, in dessen Verlauf sich insgesamt acht verschiedene Chöre und Solist*innen präsentieren, in dem alle Geburtstagskinder und -erwachsene der letzten Woche von der Pfarrerin umarmt werden, Menschen, die in der letzten Woche jemanden verloren haben, umarmt werden und Menschen, die in der kommenden Woche heiraten werden einen Segen erhalten. Die Pfarrerin und Mitglieder der Gemeindeleitung motivieren immer wieder zum Tanz – und so vergeht die Zeit doch tatsächlich auch für uns, Delegierte aus verschiedenen Kirchen in Deutschland, wie im Fluge.

Die meisten Mitglieder der Gemeinde sprechen übrigens Nama-Damara, ein Dialekt aus der Familie der Khoekhoeowab-Sprachen: das ist eine Sprachen mit Klick-Lauten. In Namibia ist Englisch offizielle Amtssprache, aber es gibt eine ganze Reihe weiterer Nationalsprachen, darunter auch Khoekhoeowab, eine Khoisan-Sprache. Wir sind fasziniert von der Vielfalt der Klick-Laute in Gesang, Predigt und Gebeten: bis zu 20 verschiedene Klick-Möglichkeiten gibt es, und wir können uns nicht im entferntesten vorstellen, wie das Erlernen von Nama-Damara funktionieren könnte.
Im persönlichen Gespräch erfahren wir aber auch, dass heute mehr und mehr junge Menschen in Namibia die Sprache ihrer Eltern und Großeltern ablehnen und sich nur noch auf Englisch unterhalten möchten.