Am Freitagvormittag ist unser Ziel die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Mit Filmen, erzählten Geschichten, Bildern und persönlichen Gegenständen der Opfer sind die Geschichte der Nazi-Diktatur, der Judenverfolgung und systematisch geplanten Vernichtung in Deutschland und anderen europäischen Ländern in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg umfassend dokumentiert. Wir haben 2 Stunden Zeit uns die Ausstellung selbstständig mit einem Audio-Guide anzusehen. Dies ist wenig und viel Zeit zugleich.
Wenig, weil so viele Aspekte dargestellt werden, die man gar nicht alle aufnehmen kann. Und viel vor allem deshalb, weil man bei jedem Schritt damit konfrontiert wird, was Menschen anderen Menschen antun können. Durch aktives Tun, aber auch durch Wegsehen und Gleichgültigkeit. Besonders die Geschichten über das Schicksal vieler Kinder und Jugendlicher berühren mich sehr. Am Ende der Ausstellung gelangt man in einen Raum, in dem die Namen aller Opfer des Holocaust dokumentiert sind. Es ist gut, dass sie damit nicht vergessen werden können. Auch wenn das Bild der unzähligen schwarzen Aktenordner, in denen die Namen auf einzelnen Blättern aufbewahrt werden, das ganze Ausmaß der planmäßigen Vernichtung von Menschenleben noch einmal erschreckend deutlich macht.

Der absolute Kontrast zu den Eindrücken am Vormittag ist der jüdische Markt in Jerusalem, auf dem wir uns einen Mittagsimbiss gönnen. Hier ist es bunt, wuselig, laut und sehr lebendig.

Nachmittags erkunden wir das Viertel, in dem vor allem orthodoxe Juden leben und sich auf den Schabbat und das anstehende Laubhüttenfest vorbereiten. Staunend sehen wir, dass schon viele Hütten auf Balkonen und in Vorgärten errichtet worden sind. Man kann am Straßenrand noch Palmzweige kaufen, um ein Hüttendach vorschriftsmäßig zu decken. Fast wie bei uns der Weihnachtsbaumkauf. Und wir lernen, dass Zitronen nicht alle gleich sind, sondern man die perfekte Zitrone für das Fest nur dann findet, wenn man sie zuvor mit einer Lupe untersucht.

Am Ende des Tages haben wir die Gelegenheit, an einem Schabbatgottesdienst in einer liberalen jüdischen Gemeinde teilzunehmen. Es ist schön, dass dies trotz der Vergangenheit möglich ist. Die schwungvollen Lieder mit Gitarre und Tamburin bleiben im Ohr, als wir uns auf den Rückweg in unser Quartier in der Altstadt machen. Schabbat Shalom!

Viele Grüße

Rainer und Barbara